Ich kenne Nina

Die Welt ist zu einem Dorf geworden durch das Internet. Das Internet selbst ist zu einem Kaff geworden durch Google…

From: xxxxx xxxxxxxx <xxxxx@subdomain.tld>
Date: Mit Jun 27, 2001 11:40:11 Europe/Berlin
To: <iso@imdat.de>
Subject: ich kenne ninahallo herr solak,wie heute bereits auf ihrer mailbox erwähnt, kenne ich nina, und würde grossen wert darauf legen, mich auch weiterhin ihren fachkundigen händen mit der schere anzuvertrauen.
leider arbeitet nina nicht mehr bei xxxx xxxxx xxxxxxxxxx, ich wäre ihnen daher sehr verbunden, wenn sie mir den namen des salons verraten könnten in dem sie ihre – nebenbei sehr zutreffend erzählten – beobachtungen gemacht haben.
diese mail mag ihnen seltsam erscheinen, gemessen daran, dass ich nach erfolgloser nachfrage bei xxxx xxxxx die begriffe “nina”, “friseur”, und “münchen” eher aus spass in google getippt habe und auf ihren aufsatz gestossen bin, würde ich es allerdings sehr bedauern, nach so einem kuriosen zufall nina doch nicht wiederzufinden…:)

ich bedanke mich herzlich für ihre hilfe bei der spurensuche!

beste grüsse

xxxxx xxxxxxxx

Sehr schön, denn so kann man sich auch in Verlegenheit bringen, denn mit dieser Mail fing die Geschichte über die Geschichte “Kennen Sie Nina?” an

Was sollte ich jetzt machen? Zuerst mal in Google die Stichworte eingeben und sehen, was rauskommt:


Suche nach nina friseur münchen in Google

Gleich an erster Stelle, na hervorragend! Natürlich kann ich jetzt nicht einfach dem Absender der Mail die Adresse durchgeben, denn das wäre ohne Respekt gegenüber Nina’s Privatsphäre.

Nun gehen einem die Gedanken durch den Kopf: “Okay, gesetz den Fall, der Absender meint es ehrlich, dann kann ich ihm den Wunsch nicht abschlagen. Aber dann müsste ich ja Nina erzählen, dass und was ich über sie geschrieben habe. Auf der anderen Seite kann es natürlich sein, dass er es nicht ernst meint, d.h. vielleicht ist er ein Ex-Freund und sie will nichts von ihm wissen und möchte auch nicht, dass er weiss, wo sie jetzt arbeitet. Oder aus irgendeinem anderen Grund möchte sie einfach nicht, dass er weiss, wo sie jetzt ist.”

Auf der anderen Seite kann ich natürlich sein Anliegen verstehen, denn sie ist wirklich sehr fachmännisch. Was mache ich jetzt?

Als erstes mal eine Mail schicken, damit der Absender weiss, dass ich sein Anliegen bekommen und verstanden habe. Das Problem ist, dass es bereits sehr spät ist und ich vorher essen und trinken war und somit meine folgende Mail als nicht repräsentativ für den Stil, die Grammatik und Rechtschreibung meiner Mails ist:

From: iso@imdat.de
Date: Mit Jun 27, 2001 11:47:37 Europe/Berlin
To: xxxxx xxxxxxxx <xxxxx@subdomain.tld>
Subject: Re: ich kenne ninaSehr geehrter herr xxxxxxxxxxx,vielen Dank für Ihren Kommentar. Obgleich* ich vorhatte, die Adresse nicht bekannt zu geben, da meine Beobachtung leider ohne die Genehmigung von Nina veröffentlich wurde, muss ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihnen den “neuen” Arbeitsplatz von Nina nicht mitteilen kann, ohne Nina voher danach gefragt zu haben. Ich möchte Sie daher höflichst bitten, sich 1-2 Tage zu gedulden, ich werde Nina fragen, ob ich die neue Arbeitsanschrift Ihnen, Herrn xxxxx xxxxxxxx, weitergeben darf, und wenn sie “ja” oder “egal” sagt, bekommen Sie es, versprochen 😉

Bitte haben Sie für diese Vorgehensweise Verständnis, da ich a) die Beobachtung _ohne_ Nina’s Genehmigung veröffentlich habe und b) nicht weiss, ob sie vielleicht etwas dagegen hätte, wenn ich Ihnen die Adresse gebe.

Mit höflichem Gruss
Imdat Solak
… ich hoffe dann natürlich, für den Fall, dass Sie die Adresse bekommen, dass es sich auch um die gleiche Nina handelt, die Sie meinen 😉

*: Das “Obgleich” muss natürlich in diesem Zusammenhang “Da” heissen, wie gesagt, es war sehr spät und feuchtfröhlich. Und der gesamte Stil der Mail ist nicht schlüssig…

Okay, wie gehe ich jetzt vor? Ich muss Nina fragen, ob sie was dagegen hätte. Aber ich laufe Gefahr, dass sie mir verbietet, den Artikel weiter zu veröffentlichen. Auf der anderen Seite weiss ich auch nicht, wie sie grundsätzlich darauf reagiert.

Und: Wie soll ich es anstellen, ich meine, sie zu fragen? Man läuft normalerweise als Kunde nicht einfach so in einen Friseursalon, um mit einer Friseurin zu sprechen. Und hinzu kommt, dass ich ja gar nicht weiss, wie sie allein schon auf eine Frage wie: “Nina, hättest Du 5 Minuten Zeit, ich würde gerne mit Dir, hmm, naja, wie soll ich sagen, eine seltsame Geschichte besprechen?”. Das klingt doch recht komisch oder zwanghaft.

Wie wäre es mit: “Nina, hast Du 5 Minuten Zeit? Ich möchte Dich was fragen?”

In einem Friseursalon? Was muss sie sich dabei denken? Ich meine, vielleicht kommt sie auf die Idee, dass ich sie “ansprechen” möchte. Natürlich finde ich sie nett, aber ich bin ein sehr glücklich verheirateter Mann (womit ich wahrscheinlich zu einer verschwindend geringen Minderheit in Deutschland gehöre)…

Okay, anderer Versuch: “Nina, hast Du mal früher in xxxxx xxxxxx xxxxxxx gearbeitet?”

Nein, das klingt so, als ob ich von der Kripo wäre.

Okay, jetzt: “Nina, kennst Du einen Herrn xxxxxxx?”

Nein, auch nicht, klingt auch wie Polizei auf der Suche nach einem Verbrecher…

Wie dem auch sei, ich habe zwar dem Absender der Mail 1-2 Tage gesagt, aber am ersten Tag, d.h. gestern, habe ich mich nicht getraut zu Nina zu gehen und zu fragen. Ausserdem hatte ich eine Entschuldigung: Keine Zeit.

Aber heute hatte ich es mir fest vorgenommen. Schliesslich habe ich es versprochen: 1-2 Tage.

Wie es der Zufall so will -bzw. wie meine Glücksfee es wieder so gesteuert hat, dass es eben wie ein Zufall aussieht- hat Nina heute sehr viel zu tun, so dass ich nur 1 Minute mit ihr sprechen konnte. Und was habe ich mit Ihr gesprochen?

Ich habe Nina gefragt, ob sie früher bei xxxxx xxxxxxx gearbeitet hat. Sie sagte ja, woraufhin ich fragte, ob sie einen Herrn xxxxxxxx kennt, der dort wohl einer ihrer Kunden war.

Sie sagte ebenfalls ja, woraufhin ich ihr keine Zeit lassend sofort hinterherschob, dass ich eben von diesem Herrn angesprochen worden wäre, ob ich ihm die Adresse ihrer neuen Arbeitsstelle geben kann.

Und dann hätten Sie diese Freude in ihren Augen sehen sollen. Mein Gott, das war doch jeden Stress, jede angehende Unannehmlichkeit wert: “Ich habe mich schon immer gefragt, was aus ihm geworden ist oder wo er ist. Natürlich darfst Du es weitergeben, hier ich schreibe es Dir auf. Woher kennst Du ihn?”

Tjaha, jetzt sass ich in der Fall. Schnell, überleg’ Dir was dachte ich mir, aber noch bevor ich antworten konnte, fügte sie hinzu: “Du musst es mir auf jeden Fall beim nächsten Mal erzählen!”.

‘Selbstverständlich kann ich das, liebend gerne, so lange es nicht heute, hier und jetzt ist, verspreche ich Dir alles’ dachte ich mir und sagte: “Klar, mache ich. Es ist eine seltsame und lange Geschichte”.

“Oh, da freue ich mich darauf” war noch ihr Kommentar, während sie mir eine Visitenkarte des Salons gab, auf dem sie schnell noch ihren Namen aufschrieb.

Huiii, erst einmal (noch) davongekommen.

‘Okay, dann schnell Herrn xxxxxx anrufen und die Daten durchgeben und dann habe ich es erstmal überstanden’ dachte ich. Beim Telefonat konnten wir uns beide nicht halten vor Lachen. Ich habe Herrn xxxxxx noch mitgeteilt, dass Nina immer noch nichts über den Artikel weiss und dass ich es das nächste Mal wohl erzählen muss. Er versprach noch, dass er nichts darüber sagen wird, was mir in der Zwischenzeit natürlich auch nicht mehr hilft, da ich es so oder so mal selbst machen muss.

Zwar wird diese Geschichte noch eine Fortsetzung haben -denn ich werde berichten, wie Nina auf das ganze reagiert hat- aber ein Fazit haben wir hier auf jeden Fall:

Google, oh Google! Wo hast Du meine Ruhe gelassen?

Im Interesse aller Beteiligten habe ich die Namen nicht veröffentlicht bzw. durch “xxxxx” ersetzt. Betroffen sind 2 natürliche und 2 juristische Personen neben meiner Wenigkeit. Ich hoffe, dass es dabei bleibt 😉