Corleone – oder was ich auf einer Party in 5 Minuten erlebte…

Wiedersehen macht anscheinend nur Freude, wenn man dem anderen dabei eins auswischen kann.

Das war irgendwie faszinierend. Ich war eingeladen auf die Geburtstagsfeier eines Freundes in Hamburg. Wir sind schon sehr lange befreundet und anscheinend habe ich es irgendwie mit dem 7. Juli, denn am 7. Juli hat einer meiner ältesten Freunde, meine Frau und eben dieser langjähriger Freund in Hamburg, der übrigens ursprünglich aus Baden stammt und ewig in München gelebt hat, um nach Hamburg zu ziehen und dort anscheinend endlich sein Glück zu finden, Geburtstag.

Da der Freund in Hamburg, nennen wir ihn der Einfachheit halber Harald*, 40 wurde und alle anderen jünger waren (inclusive meiner Frau), beschlossen wir, zu seiner Feier zu fahren, vielmehr zu fliegen und nicht eine eigene Feier zu veranstalten.

Zu meinem Leidwesen hatte ich schon vorher erfahren, dass mein Trauzeuge auch eingeladen ist, denn er arbeitet in der gleichen Firma, d.h. vielmehr bei der Muttergesellschaft der Firma, bei der Harald arbeitet. Der Einfachheit halber nennen wir den Trauzeugen Sven*.

Eigentlich war mir schon die Lust auf die Feier vergangen, als ich hörte, dass Sven ebenfalls eingeladen ist. Aber man gibt die Hoffnung nicht auf und denkt sich, vielleicht kommt er ja doch nicht. Wie es soweit kommen kann, dass ich kein Interesse an meinem eigenen Trauzeugen habe, ist sicher eine interessante, aber andere Geschichte und gehört nicht hierher.

Wir kamen recht spät an, denn die Lufthansa liebt Verspätungen und diesmal musste sie schon sehr unter Liebesentzug gelitten haben, denn wir hatten auf der Strecke München-Hamburg über eine Stunde Verspätung – bei einer Flugzeit von Knapp 55 Minuten.

Wie dem auch sei, als wir auf der Party ankam, musste ich zu meiner Freude feststellen, dass eigentlich nur sympathische Menschen anwesend waren und Sven nicht da war. Dass ein anderer Freund, der aus München kommt, nicht dabei war, hat mich eigentlich nicht überrascht. Auch als ich am nächsten Tag hörte, dass er sich um 24 Stunden verspätet hat, d.h. erst am nächsten Tag Abends kommen würde, habe ich nicht gewundert. Schliesslich ist er so. Nennen wir ihn einfach Thomas*, denn das macht die Sache einfacher, obwohl er in dieser Geschichte nicht mehr auftaucht.

Gut, die Party versprach doch noch ein Erfolg zu werden, denn die anwesenden waren sympathisch, unterhaltsam und bereits leicht angetrunken, dass man kein Smalltalk mehr betreiben musste, sondern direkt zu den tiefergehenden Gesprächen übergehen konnte.

Dann klingelt es an der Türe, jemand macht auf und es kommen hinein? Genau: Sven und seine Begleiterin. Ich konnte zu dem Zeitpunkt natürlich nicht sagen, ob es sich um seine Freundin, Schwester, Frau oder Was-auch-immer handelte, denn ich hatte (aus guten Gründen) schon länger nicht mit ihm gesprochen – und hatte es eigentlich heute auch nicht vor.

Leider musste ich dann doch zwischendurch mit seiner Begleiterin sprechen, da sie mich beim Gespräch mit zwei anderen Freunden erwischte und unbedingt darauf bestand, sich im “Männerzimmer” (Rauchzimmer?) aufzuhalten bzw. das Männergespräch zu stören. Das Gespräch lief eigentlich recht simpel auf der Smalltalk-Ebene (dabei muss ich den technisch versierten Leser hier tief enttäuschen: Nein, sie war keine Smalltalk-Programmiererin, sondern wir betrieben Smalltalk miteinander in der Form: “Glauben Sie auch, dass das Wetter morgen besser werden soll?”)).

Auch das überlebte ich – ohne dabei zu einer vollen Flasche Whiskey (ja, mit “e” – brrrr) zurückgreifen zu müssen.

Als ich dann mit zwei anderen Freunden stand und Sven mich erblickte, war es um mich geschehen. “Oh Allah**, wie kann ich wegrennen? Wohin? Ich will mit ihm nicht sprechen, sonst muss ich mir danach den Mund wischen!” dachte ich und hoffte, dass er kein Interesse haben würde, mich anzusprechen.

Aber, wie es das Schicksal immer so will, er wollte mich ansprechen, ja, als ob es nicht reichte, dass ich ihn sehen musste, nein, er kam näher und näher und näher. Und mit jedem seiner Schritte dachte ich an das Grauen, das auf mich zukam… Hat da jemand Nebel des Grauens gesagt? The Return of the Living Dead?

“Imdat! Hallo! Wie geht es Dir? Lange nicht gesehen…” Da kam der Angriff, der erste Schuss, der Mensch hatte keinen Anstand, hatte keine Gentlemen-Schule besucht, wusste nicht, dass man Menschen nicht überraschend angreift – auf die hinterhältig Tour. Nicht mal vorgewarnt hatte er mich (naja, vielleicht doch, ich hätte ja nur nicht auf die Party gehen brauchen, aber so leicht wollte ich es ihm ja auch nicht machen).

“Stimmt, “ sagte ich und dachte: Leider nicht lange genug und fuhr fort: “prächtig, prächtig. Wie geht es Dir? und wollte eigentlich hinzufügen, ob er sich bereits seine Party-Dosis heute reingezogen hat, aber im Interesse eines freundlichen Partyweitergangs habe ich es doch gelassen.

Interessant war dabei, dass er anscheinend von mir eine eisige Antwort erwartet hat. Er war mehr oder weniger sprachlos und fing sofort an, über Arbeit zu reden (zumindest, was mein Erinnerungsvermögen wiedergibt).

Und jetzt ging es eigentlich los. Er ist jetzt bei der Investment-Tochter eines Verlages in Deutschland und “entscheidet über Investments eben dieses Verlages” (Zitat). Ich sagte, dass ich wieder zurück zu Burda gegangen und dort im internationalen New-Media-Bereich tätig bin. Burda hat ja auch einen Investment-Arm (bitte auf der Burda-Website suchen).

Wie jeder weiss, geht es den neuen Medien nicht gut, um es freundlich auszudrücken und man bekommt halt schon mit, wenn ein Unternehmen geschlossen oder verkauft wird, denn sooo gross ist die Branche nun auch wieder nicht. Also tauschten wir ein, zwei solcher Sätze aus, bis er anfing, gegen die Praxis des Investment-Arms der Burda-Gruppe zu wettern.

Auf einer Party ist es das letzte, was mich interessiert: Ob der Investment-Arm meines Arbeitgebers eine gute oder schlechte Taktik hat. Ehrlich gesagt möchte ich sogar nur meine Arbeit machen — und das wirklich gut im Gegensatz zu Sven (das ist meine Meinung, was andere über diesen Vergleich denken, ist mir wirklich egal!). Auf jeden Fall habe ich es in etwa so ausgedrückt, d.h. ich meinte, dass soweit es mir bekannt ist, unser Investment-Arm noch keine Fehlinvestition getätigt hat, wir damit noch kein Unternehmen schliessen mussten, und es mich eigentlich gar nicht interessiert, aber ich mich trotzdem über seine Aussage wundere, da sie selber ja ein-zwei Unternehmen verkaufen oder schliessen mussten…

Das wars! Ich war ihn sofort los! Unglaublich! Ein einziger Satz hatte mir ihn vom Halse geschafft. Er verschwand. Kam auch nicht mehr wieder. Und immer wenn ich in einen Raum kam, in dem er sich gerade mit anderem aufhielt, verliess er sofort diesen Raum und kam nicht wieder.

Jetzt wurde es natürlich für mich richtig lustig, denn ich brauchte nach und nach nur die Räume aufsuchen, in denen er sich gerade aufhielt, damit er wegrannte. Jetzt war ich der Jäger und er der Gejagte.

Was für ein Heidenspass! Meine Güte, und dabei dachte, dass es eine wirklich anstrengende Party werden würde… Bis 4:30h bin ich dann auf der Party geblieben und habe Spass gehabt. Anstrengend war es schon, aber spassig! So einen Spass hatte ich schon lange nicht mehr, zuletzt als ich auf der Geburtstagsfeier einer Freundin anfing, mit Mini-Smarties Lines zu ziehen…

Und Thomas kam tatsächlich erst am nächsten Tag Abends an. Er hatte sich im Datum vertan. Kann passieren. Auch, dass ich versprochen hatte, dass er in dieser Geschichte nicht mehr auftaucht und er es dennoch getan hat. Warum? Er ist halt so, unser Thomas!


*: Die Namen der Personen sind der Redaktion [sic] bekannt und wurden hier geändert oder auch nicht.
**: Oder Gott, oder Jahve, oder Buddha, je nach belieben und Religionspräferenz bitte ersetzen.