Türkei: Armee droht türkischer Regierung (SPON)

Originaltext unter “Genelkurmay’dan çok sert açıklama” zu finden. Tatsächlich hat die türkische Armee (TSK) der Regierung ganz offen gedroht, einzugreifen, falls diese – und so interpretiere ich die Aussage der TSK – weiterhin anders vorgeht, als sich die TSK das vorstellt – nämlich demokratisch.

Oli Rehn hat daraufhin – zu Recht – die TSK davor gewarnt, sich in demokratische Prozesse einzumischen (BBC: EU warns Turkish army over vote). Vielleicht ist die Türkei tatsächlich nicht im Entferntesten reif für den EU-Beitritt und vielleicht sollten wir ihr noch 30-40 Jahre Zeit geben.

Aber es ist nicht nur Schuld der TSK (die, ich stimme hier Rehn vollkommen zu, sich gefälligst endlich aus demokratischen Prozessen raushalten muss und nicht wie ein Diktator sich über das Volk stellen darf!), es ist vielmehr Schuld der Opposition, die in den Wochen davor nicht im geringsten bereit war, mit der regierenden AKP eine Einigung zu erzielen.

Diese hirnlose, dumme Bande von Opportunisten von hauptsächlich CHP hat sich, wie früher auch immer seit Mitte der 80er, einfach stur gestellt, war nicht bereit, auch nur im Ansatz eine Lösung zu finden und hat es darauf ankommen lassen, das ganze nicht durch Demokratie und Wahlen sondern entweder durch die TSK (durch einen Soft- oder Hard-Putsch) oder Verfassungsgericht klären zu lassen.

Sie ist der Wahl nicht nur zur Gänze weggeblieben, nein sie hat nicht mal in Erwägung gezogen, eigene Kandidaten aufzustellen – wohlwissen, dass die Armee auf ihrer Seite sein würde – die Armee, die schon immer gegen die demokratisch gewählte AKP war.

Die TSK repräsentiert schon lange nicht mehr das Volk und sollte sich endgültig aus der Politik raushalten. Aber es zeigt auch, was für ein Demokrat Sezer, der scheidende Präsident war, denn er ist immer noch Oberbefehlshaber der Armee und er hat mit grosser Sicherheit seine Finger genauso im Spiel.

Die AKP ist nicht meine erste Wahl, sie hat aber, wenn man ausschliesslich auf Basis der Taten urteilt, eine politisch zersplitterte Türkei geeint und endlich Stabilität gebracht. Sie hat es verdient, demokratisch entgegengetreten zu werden und nicht mit der Armee oder durch Wahlboykotte der Oppositionellen diskrediert zu werden.

Die grosse Machtfülle, die sich durch die Mehrheit der AKP im Parlament, durch ihren Parlamentsvorsitz und jetzt Präsidentschaft ergäbe, ist eine grosse Gefahr. Das sieht jeder ein und es muss diesem entgegengetreten werden.

Es hätte eine einfach Lösung gegeben, die aber die CHP nie gewagt hat vorzuschlagen, weil sie dann ihre dummen, hirnlosen und undemokratischen Vorgehensweisen hätte ändern müssen, die aber auch ihre Unterstützung seitens der Armee gemindert hätte:

  1. Einigung darauf, dass vorgezogene Parlamentswahlen in Juli stattfinden
  2. Im Gegenzug: Einigung darauf, bei der Wahl des Präsidenten demokratisch teilzunehmen

Aber nein, das wäre ja eine Problemlösung gewesen – und die CHP hat in den letzten 20 Jahren bewiesen, dass sie an Problemlösungen nicht interessiert ist – sie will nur noch mehr Chaos, Krise und Unsicherheit in der Türkei, damit sie sagen kann: “Wir haben es euch ja gesagt” – und damit sie die Unterstützung der Armee behält.

Baykal, der Chef der CHP, ist der grösste Unruhestifter der Türkei und die CHP sollte, wenn sie schon keine anderen Gründe für seine Absetzung sieht, wenigstens zu Ehren ihres grossen Gründers, Mustafa Kemal Atatürk, endlich Baykal feuern und anfangen, Demokratie zu lernen. Es war nicht von ungefähr, dass Ecevit nach seiner Wiederzulassung in die aktive Politik nicht der CHP, seiner ehemaligen Partei, beitrat, sondern der SHP…

Die AKP kann jetzt nicht mehr zurückrudern und die Kandidatur von Gül zurücknehmen – sie sollte es auch nicht, denn Gül ist vielleicht neben Kemal Dervis (ehemaliger unabhängiger Wirtschaftminister unter Ecevit und Mitglied der CHP) der beste Kandidat von den Politikern – aber die CHP hat ja den Dervis nicht mal aufgestellt!

Der Vorgang ist jetzt beim Verfassunggericht, der “Genelkurmay” der TSK sollte die Klappe halten, sich aus der Politik raushalten und keine Instabilität verursachen, die Börsen sind zittrig genug. Wenn durch diesen (seitens der AKP demokratisch angegangenen) Prozess durch undemokratisches Verhalten der CHP und der TSK eine wirtschaftliche Krise eintritt, dann wird es für die Türkei nur zwei Wege:

  1. Militärputsch/-diktatur oder
  2. Richtiger Rückfall in Islamismus

Und dann können wir nur sagen: Danke CHP & TSK, grossartig gemacht!